Ron ScheerLebst du noch oder spielst du schon?
Aspekte gesellschaftlicher Relevanz von Videogames Seit den Schulamokläufen von Littleton und Erfurt werden Videospiele im öffentlichen Diskurs oft mit dem etwas undifferenzierten Prädikat "Killerspiel" versehen. Dieser Zuschreibung liegt die Annahme zugrunde, dass das sogenannte "Killerspiel" eine mediale Qualität besitze, wonach der User in artifizielle, hochauflösende 3D-Umgebungen quasi "eintaucht", sein Denken und Handeln somit im virtuellen Raum verhaftet bleibt und er nicht mehr rückhaltlos zwischen dies- und jenseitiger Welt zu unterscheiden vermag.
Entgegen solchen Bestrebungen nimmt die Seite der Spieler, der Hersteller und Produzenten, des gesamten Distributionsapparates, eine etwas paradoxe Haltung ein. Die Spielindustrie, die sich gegen solcherlei Kurzschlüsse, wie z.B. der im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD (2005) verankerten "Killerspiel-Klausel", also dem geplanten Verbot von Ego-Shootern à la Counterstrike, Wolfenstein 3D, etc., heftig wehren muß, um etwaigen politischen Eingriffen aus dem Weg
zu gehen, hat mit dem Begriff der Immersion ein werbeträchtiges Konzept parat, das von den Spielern und Produzenten gleichermaßen zu einem Qualitätsprädikat erhoben worden ist.
Der aus einer medizinischen Therapieform entlehnte Begriff Immersion (der hier ein physisches Eintauchen in eine Substanz wie z.B. Wasser meint) bemüht sich hinsichtlich der Videospiele vornehmlich um die neueren, grafisch anspruchsvollen 3D-Welten aktueller Titel, wobei Realismus in der Darstellung zum Paradigma des guten Spiels geworden ist. Dabei wird allerdings auf eine nähere Begriffsbestimmung, die auch Grenzen zwischen der realen und virtuellen Welt ziehen könnte, verzichtet, so dass die Befürchtungen rund um das "Killerspiel" tatsächlich mit einiger Berechtigung vorgetragen werden können. Wo beginnen und enden reale und virtuelle Welt ? - ist letztlich die Frage, die dieser Arbeit zugrunde liegt.
Die Arbeit wird die diskursmächtigsten Positionen aufspüren, um daran das in Literaturwissenschaft und Filmtheorie formulierte Konzept der Immersion zu hinterfragen und vielleicht auch zu schärfen.
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