Ulrike Nießner

Sacra Pagina - Visual Comments

Beschreibung der Bibelgestaltung unter zeitgeschichtlichen und künstlerischen Gesichtspunkten

Am Anfang war das Wort. Und dem Wort Gottes ist nichts hinzuzufügen. Doch dann wurde das Wort niedergeschrieben und setzte einen unablässigen Gestaltungsprozess in Gang. Aus der heiligen Schrift wurde das Buch der Bücher, ein Bestseller in einer Auflagenstärke, die ganze Bibliotheken und Sammlungen füllt - zu mancherlei Zeit auch sämtliche Regale im Kopf verschiedener mehr oder minder bekannter Persönlichkeiten. Ein so oft vervielfältigtes Objekt wie die Bibel ist zwangläufig im Wandel der Zeit gestalterischen Veränderungsprozessen ausgesetzt.

Die Seiten der Bibel, einem Werk mit dem immanenten Anspruch auf einen unveränderlichen Inhalt, wurde über die Zeit sowohl zum Spiegel gesellschaftlicher Ansichten und Konventionen als auch zur Projektionsfläche persönlicher Haltungen, Neigungen und Schicksale.

Das ständige Spannungsfeld zwischen Allgemeingültigkeit und dem Bestreben nach individueller Form und einem persönlichen Bezug brachte ästhetische Kostbarkeiten und gestalterische Prinzipien hervor, deren Gültigkeit bis in die heutige Zeit andauert.

War die Bibel über Jahrhunderte der bestimmende Text im christlichen Abendland, ist sie heute offensichtlich aus dem gesellschaftlichen Fokus geraten. Und doch war sie zu ihrer Blütezeit mehr als ein göttliches Gesetzbuch. Sie war Boulevardblatt, Gebrauchsanweisung, Science Fiction - das MTV ihrer Zeit. Dieses spannende Themenfeld zu bündeln, gestalterische Prozesse exemplarisch darzustellen und in verständliche Zusammenhänge zu überführen ist der Grundgedanke meiner Diplomarbeit. Die Mittel der chronologischen Erzählweise, der Herausbildung zeitübergreifender Themenklammern und vergleichender Darstellung bis hin zu typologischen Gliederung von Merkmalen, stellt die Basis für eine dem Thema angemessene Gestaltung dar.

Das entstandene Buch soll mehr sein als eine theoretische Dokumentation im herkömmlichen Sinne. Ziel war es, über die typografische und illustrative Gestaltung einen spannenden, verständlichen, und zeitgemäßen Zugang zum Thema zu schaffen. Die angesprochene Zielgruppe ist dabei weitergefasst als die himmlischen Heerscharen und der örtliche Bibelkreis.